Monrepos

Roman von Manfred Zach, erschienen 1996 bei Klöpfer & Meyer, Tübingen, zusätzlich 1997 als Taschenbuch bei Rowohlt, erhältlich im Buchhandel oder Online-Buchhandel

Kurzbeschreibung

Mit diesem Roman zeichnet der frühere baden-württembergische Regierungssprecher Manfred Zach das Psychogramm der Politik im "Musterländle" und drumherum. Er gewährt einen beklemmenden Einblick ins Innerste der Macht und liefert eine Analyse der politischen Mechanismen, Verlockungen, Gefahren, Verkrümmungen. Ein zeitgeschichtlicher Aufklärungsroman, der persönliche und politische Schicksale virtuos miteinander verknüpft.

Auszug

Vor dem von Säulen umrundeten Eingangsportal

Den Hang hinauf, die schmal gewundene Serpentine zwischen Rhododendronstauden und Tulpenbeeten entlang, Höhe gewinnend, nicht viel, vierzig oder fünfzig Meter nur, doch genug, um den Atem schneller, gepreßter gehen und den Blick unsicher zwischen unten und oben schweifen zu lassen, wo sich, eben noch sichtbar, schiefergrau eingedeckte Häuschen duckten, Bedienstetenwohnungen mit schmucklosen Fassaden, während gegenüber das Fundament des Schloßgebäudes emporwuchs, von wildem Laub überwuchert, als gehörte es der Erde zu, ein ernster und strenger Körper, zu dem die lehmgelben Sandsteinquader in poröser Weichheit auffällig kontrastierten, um dann, endlich oben angekommen, mit einem einzigen Blick alles aufzusaugen - die herrisch vorspringenden Seitenflügel, das von Säulen umrundete Eingangsportal, die ebenmäßige Reihe zimmerhoher Fenster mit weißlackierten Rahmen, das weit heruntergezogene, von winzigen Gauben unterteilte Dach und in einsamer, stolzer Mitte zuoberst die große Kuppel mit Aussichtsplateau, zierlichem Messinggeländer und fahnenlosem Fahnenmast: so begann Bernhard Gundelach, siebenundzwanzigjährig, an einem Frühlingsmorgen des Jahres 1976 seinen Dienst in der obersten Behörde des Landes.

Man war im "Olymp", wie das mächtige Ministerium nicht nur seiner landschaftlich dominierenden Lage hoch über der Hauptstadt wegen oft genannt wurde, durch Zufall auf den jungen Assessor aufmerksam geworden. In einem dringenden Versetzungsgesuch an die übergeordnete Dienststelle hatte er neben diversen Gründen, die ihm ein Verbleiben im Landratsamt nach seiner Überzeugung unmöglich machten, beiläufig die Tatsache erwähnt, daß er einen Teil seines Studiums mit freier journalistischer Tätigkeit finanziert habe. Gelegenheitsarbeiten waren es gewesen, Abfallprodukte der Unlust wohlbestallter Redakteure, sich ihren freien Samstag oder einen Abend, an dem es andernorts opulente Essenseinladungen gab, mit Nichtigkeiten um die Ohren zu schlagen. Die Bezahlung war dürftig, aber sie reichte aus, um ein autoähnliches Gefährt der Marke Jagst 770 zu unterhalten. ...

Copyright © Manfred Zach 1996. Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung von Manfred Zach.

Kurze biographische Information zu Manfred Zach

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